Jane Zahn im Rotlichtmilieu?
Nein, sie befindet sich im roten Scheinwerferlicht. Wir simulieren Buenos Aires in Argentinien.
Dazu befinden wir uns in der Bergkirche Schlierbach, im Querklang am Berghang. Wie in der Bibel geht es in den Tango Liedern um Sex and Crime.
Eigentlich geht es um die Liebe, darum geht es in der Bibel auch. Aber es handelt immer auch von der gescheiterten Liebe.
Davon singt Jane Zahn auf Spanisch so atemberaubend schön, dass uns ganz warm ums Herz wird.
Denn Tröstung gibt es nicht nur durch äußere Fröhlichkeit.
Melancholisch sentimal beklagt Malena ihr Schicksal. Bei El Choccolo lassen Jane und der Saxophonist Claus Rosenfelder ihrem Ärger spanisch temperamentvoll freien Lauf – dem Publikum fehlte dazu nur eine Flamenco-Tanzeinlage.
Janes Stimme und Gestik waren uns in der Bergkirche aber Ersatz genug.
Wie klingt eigentlich Tango mit nur einer Frauenstimme und einem Blasinstrument mal Saxophon und mal Posaune?
Ungewohnt, fast nackt wirkt diese Musik im ersten Moment.
Nach Überwindung der ersten Schockstarre wegen der ungewohnten und ungehörten Instrumentierung stellt sich aber Nähe ein. Musikalische Nähe zu etwas Neuem, noch nie in dieser Form gehörten.
Ein langes und (unwiderstehliches – so Jane Zahn) Posaunensolo von Bernd Stang leitet über in die traurige Melodie von „Sur“.
Mehrfach lässt Michael Schneider an diesem Abend den Kontrabass und das Cello links liegen und greift zur Gitarre.
Ist er ein Tango Gitarrist?
Nein, aber er ist es an diesem Abend geworden denn die freie Improvisation hilft ihm musikalische Lücken im Geschehen tangenial aufzufüllen.
War Francesco Panarese an diesem Abend auch dabei ? Wir haben ihm schon einen Artikel gewidmet: „ohne mich läuft gar nichts“. Was bei unseren Proben zu den jeweils neuen Programmen noch etwas suchend daherkommt, das entpuppt sich dann im Konzert besonders bei Francesco als so vital und lebendig, so als könnte es gar nicht anders sein.
Das Nuevo des Nuevo geschah tatsächlich. an diesem Abend.
Können wir, Jane Zahn und arkestra convolt das überhaupt wissen?
Reichhaltiger und lang anhaltender Applaus im Publikum, viele Verbeugungen vor dem Altarraum von den Musikern.
Wir begeben uns in die Sakristei. Es gab auch aus dem Publikum Rosen, für Jane Zahn ein paar mehr.
Aufräumen folgt. Geht aber nicht.
Wieder sitzt das Publikum still in den Bänken und wartet. Gibt es ein größeres Kompliment als dies? Wenn das Publikum nach genau 90 Minuten Musik nicht glauben will, dass das Konzert nun beendet ist. Einmal mehr weiß arkestra convolt dass unser musikalischer Wagemut mit diesen begnadeten Musikern sich seinen eigenen richtigen Weg bahnt.
Und hier das erste Beweismittel zum Thema „Sex and Crime“,wir nennen es hier besser : wahre Geschichten.
Malena!
Malena singt den Tango wie keine andere. In jede Strophe legt sie ihr ganzes Herz.
Malena singt den Tango mit Schattenstimme, sie kennt das Bandoneon und seinen Schmerz. Ihre Tangos sind gespenstische Kreaturen, die sich in der Dämmerung auf die Gassen schleichen. Ihre Augen sind dunkel wie das Vergessen, ihre Lippen zusammengepresst in Bitterkeit. Ihre Hände sind zwei Tauben, die frieren, in ihren Adern fließt das Blut des Bandoneon. Ich weiß nicht, ob ihre Stimme die Frucht eines Schmerzes ist, ich weiß nur, wenn ich sie höre, dass sie besser ist als ich.