Ein Abend mit Uli Kieckbusch und arkestra convolt.am 18.1.2013
Mein Geigenbauer hatte mir Tage vorher angekündigt: es gibt am Freitag so viele Konzerte in Heidelberg, aber “ ich gehe in die Bergkirche zur Konzertandacht „.
Ein in Heidelberg unbeschriebenes Blatt betritt die Bühne, braver ordentlicher schöner Schwabe
Ungesehen, weil oben an der Orgel, inszeniert er einen Background Orgelteppich der Bernd Stang an der Posaune zu einem fulminant-improvisierten Trompetenkonzert animiert. Und das auf der Posaune. Dann schwebt er herab an das Cembalo. Er hätte Bach das Fürchten gelehrt. ( Bach hatte 1717 am Hof in Weimar bereits den Ruf eines Orgelvirtuosen und jemand aus der Adelsgesellschaft in Dresden kam auf die Idee, ihn zu einem Impro-Duell mit dem am Hof weilenden französischen Orgelvirtuosen Louis Marchand herauszufordern. Beide sagten zu, abends war der Virtuose aus Frankreich jedoch – fluchtartig – abgereist. ) Bach wäre sicherlich nicht abgereist, sondern hätte sich von Uli Kieckbusch Anregungen für weitere, noch schwierigere Kompositionen geholt. Uli Kieckbusch mischt in den Stücken von arkestra convolt so kongenial mit, dass die Zuhörer wissen: das ist minutiös einstudiert. Aber genau das ist es nicht. Und während Uli‘s Improvisationen sind das Publikum und arkestra convolt sich nicht sicher, ob das Cembalogestell dieses Ideenfeuerwerk überlebt. Auch die anwesende Gastgeberin, Pfarrerin Martina Reister-Ulriichs atmete am Ende des Konzerts erleichtert, wenn auch glücklich auf, über den in jeder Hinsicht guten Ausgang dieser muskalischen Attacken.
Seine fulminante Präsenz erstrahlte dann bei seiner Solonummer: „Bernsteinsong“ Eine schöne getragene Harmonika Melodie ging in seinen Gesang über. Sonore tiefe Jim Jarmusch Stimme ( ohne Alkohol ) in diversen improvisierten Sprachen ( jeder kann seine Wunschsprache heraushören ) und dann steigt sie hinauf und immer höher, wird klarer , reiner und noch höher, bis sie in einen reinen Obertongesang mündet. Ich, der Cellist pausiere derweil und sehe geschlossene Augen im Publikum, glückliche Gesichter, wie so oft an diesem Abend. Ich sehe auch lachende Gesichter.
Uli Kieckbusch´s Charme geht noch um einiges tiefer als es sich beschreiben lässt: Wenn alle Normen und Formen verlassen werden, dann findet er und arkestra convolt die Ausdruckskraft, die in vielen Proben nicht geübt werden kann.
Das unterscheidet arkestra convolt und Uli Kieckbusch von klassischen Ensembles und an Lead-Sheets gebundene Jazzensembles: wenn sie eine Chance wittern, dem Publikum eine neue Geschichte zu erzählen, dann, dann schlagen alle einen gemeinsamen Haken in das neue Geschehen. So viel musikalischer Wagemut, oft haarsträubend fetzig und witzig zwingt lachende Gesichter in das Publikum.
Nein, dies ist keine Trauerandacht.
( Die Anekdote über Bach stammt aus dem Buch von Eric Siblin : „Auf den Spuren der CELLO SUITEN, Johann Sebastian BACH; Pablo Casals und ich.“ Irisiana Verlag